Unlängst war ich in einem schwäbischen Amtsgericht zu Gast. Im „Gepäck“ hatte ich einen Bußgeldbescheid nebst Fahrverbot. Mein Mandant war relativ schnell in eine Geschwindigkeitsbegrenzung hinein gerauscht und es drohte nun ein Monat Fahrverbot.
Wie üblich kam es zu Befragung des Polizeibeamten. Ich – der Verteidiger – befragte ihn sodann zu den Sicherungsmarken, ob diese denn vor der Messung alle überprüft wurden. Tatsächlich ergab sich, dass der Polizeibeamte nicht alle Sicherungsmarken überprüft hatte. Auf meine Nachfrage erklärte der Polizeibeamte, dass er für die entspr. Kontrolle einen Spiegel gebraucht hätte.
„Gute Antwort, Herr Polizist!“
Offensichtlich verfügt die bayerische Polizei – männlicherseits – nicht flächendeckend über kleine Spiegel zur Kontrolle von Sicherungsmarken.
„Muss man wissen!“
Kurz zum Hintergrund: Nur im Falle der Unversehrtheit aller Sicherungsmarken kann von einem zum Tatzeitpunkt gültig geeichten Messgeräts ausgegangen werden.
An dieser Stelle hätte die Angelegenheit eigentlich – für meinen Mandanten – erfolgreich abgeschlossen werden können. Der Richter meinte jedoch recht barsch, dass er auf Basis der Realität urteile und nicht auf Basis solch formaler Verteidiger-Argumente.
„Okay…?!“
Nur am Rande sei erwähnt, dass nach der Eichordnung die Eichung vorzeitig erlischt, wenn u.a. ein Sicherungsstempel entwertet oder unkenntlich gemacht wurde und es nach dem Eichgesetz sogar verboten ist, ein ungeeichtes Messgerät zu verwenden.
„Tja, die Realität ist also entscheidend!“
Das Ende vom Lied: Mandant ist ohnehin demnächst länger nicht in Deutschland und liefert in dieser Zeit seinen Führerschein ab. Weiter durch die Instanzen wollte er nicht.
„Naja…okay“
Man ist andererseits auch nie vor positiven Überraschungen sicher.
Vor längerer Zeit durfte ich einen Mandanten im tiefsten Oberbayern wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung – ebenfalls mit Fahrverbot – vertreten. Im Gepäck hatte ich ein Gutachten, dass die Geschwindigkeitsmessung in erheblichem Umfang als unverwertbar bezeichnete.
Informell fragte mich der Richter vorab, ob ich mir denn immer noch sicher sei, das Fahrverbot aus der Welt zu bekommen. Auf Basis des Gutachtens bejahte ich diese Frage. Darauf der Richter lächelnd: „Das begründe ich dann schon so, dass es passt!“
„Okay…?!“
Es wird aber noch besser, verehrte Leser!
Als sich dann der Zeuge zu verspäten drohte, meinte der Richter, ob ich denn einverstanden sei, wenn er vom Fahrverbot absieht, gegen Erhöhung der Geldbuße. Da damit das eigentliche Ziel des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid erreicht war, bejahte ich und fragte noch – natürlich informell – „Warum?“.
Darauf der Richter: „Ich bin nicht bereit, wegen diesem Verfahren auf meine Mittagspause zu verzichten.“
„Da fällt Dir nichts mehr ein!“
Also, meine „Empfehlungen“:
- Wenn, dann lassen Sie sich nicht in Bayern mit zu hoher Geschwindigkeit erwischen. Besser in Nordrhein-Westfalen, dort hat man Chancen aus dem Fahrverbot rauszukommen.
- Versuchen Sie mit ihrem Verteidiger im südlichen Bayern möglichst Termine am späten Vormittag zu bekommen. Dann klappts vielleicht mit dem Führerschein.